Beteiligte sich Kirche an der Spionage?

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25Die „Nelkenrevolution“ in Portugal 1974 stand im Mittelpunkt einer Gesprächsrunde im portugiesischen Freizeitzentrum. Dabei waren Ilda Germann als Zeitzeugin der Nelkenrevolution, Alexandrina da Silva, die nach der Revolution in Deutschland aufwuchs, sowie Mohamma Al Othmann und Frau Swetlana, die nach einer gescheiterten Revolution aus Syrien geflüchtet sind.

Zu einer interessanten Gesprächsrunde lud Bernd Weber, der ehemalige Stadtpressesprecher von Rheine, im Rahmen der deutsch-portugiesischen Begegnung im portugiesischen Freizeitzentrum am Sonntagnachmittag ein. Seine Gesprächspartner waren Ilda Germann als Zeitzeugin der Nelkenrevolution am 25. April 1974, Alexandrina da Silva, die nach der Revolution in Deutschland aufwuchs, Mohamma Al Othmann und Frau Swetlana, die nach einer gescheiterten Revolution aus Syrien geflüchtet sind und seit eineinhalb Jahren in Deutschland leben. Außerdem nahm der Integrationsbeauftragte Kamal Kassem, Bürgerkriegsflüchtling mit libanesischen Wurzeln, an der Diskussion teil.

Vorwürfe gegen die katholische Kirche
Bernd Weber fragte Ilda Germann, wie sie die Revolution erfahren habe. „Ich habe die Situation in Portugal damals nicht als so schrecklich empfunden und hatte Angst vor dem Ausbruch eines Krieges“. Allerdings erinnerte sie sich, dass sogar die katholische Kirche sich an der Spionage in der Bevölkerung beteiligt habe. Ihr Vater habe sie vor der Beichte gewarnt, Fragen des Priesters nach ihren häuslichen Gesprächen zu beantworten. Sie hielt die Warnung für übertrieben und erkannte kurze Zeit später bei ihrer Beichte die Berechtigung, „als der Geistliche mich fragte, was mein Vater, der sehr liberal dachte, zu Hause sprechen würde“.

Alexandrina da Silva war sieben Jahre alt und lebte 1974 bei Ausbruch der Revolution schon in Deutschland. Ihre Familie erhoffte sich von Deutschland eine bessere Schulbildung für die Kinder. Sie bestätigte, dass alle Menschen in Portugal Salazar gekannt hätten, „aber das war nicht positiv gemeint, sondern negativ“. Gleichwohl zitierte sie einen älteren Onkel, der in Portugal lebe. Dort sei im Gespräch, dass ihnen heute die Politik von Angela Merkel aufgezwängt werde und sie sich wieder nicht frei fühlen könnten. Der Applaus im Publikum ließ aufhorchen, „aber das sagt mein Onkel“, betonte die Sprecherin.

„Wir danken den Deutschen für ihre Unterstützung“
Der syrische Arzt Mohamma Al Othmann, der eine Praxis am Rande von Damaskus hatte, gratulierte den Portugiesen zu ihrer Freiheit und begrüßte die Solidarität mit ihnen. „Wir danken den Deutschen für ihre Unterstützung“.
Das Regime in Syrien habe die Gefangenen getötet und den Medien aufgetragen zu berichten, dass sie an einem normalen Tod gestorben seien. „Uns wurde mit Folter gedroht, wenn wir nicht kooperieren würden. Sie haben einen Arzthelfer vor unseren Augen getötet, um uns einzuschüchtern. Da sind wir gegangen“. Bernd Weber fragte ihn, ob sie nach Beendigung des Bürgerkrieges zurück in ihr Heimatland wollten und sich an dem Wiederaufbau beteiligen würden. „Wenn in Syrien Demokratie herrscht, gehen wir zurück“, antwortete der Arzt. Seine Frau unterstützt in Rheine die Sprach-Cafés, in denen die deutsche Sprache geübt werde, wie Weber verdeutlichte.

Kamal Kassem, Bürgerkriegsflüchtling aus dem Libanon, lebt seit langer Zeit in Deutschland, ist politisch engagiert und wünscht sich eine stärkere Gemeinschaft. „Wie weit sind wir in der Mitte?“ fragte er leicht provokativ und fasste zusammen: „Leider ist unsere Demokratie hier noch beschränkt.“ Nach deutschen Gesetzen habe er zwar im Integrationsrat ein Mitsprache-, aber kein Entscheidungsrecht. Bonk korrigierte: „Weil er beratender und nicht sachkundiger Bürger ist“.
Die lebhafte Diskussion bewies, dass auch in einer Demokratie Wünsche offen bleiben und der Gedankenaustausch ein elementarer Baustein bei der Gestaltung eines großen Ganzen ist.

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